Kleine Zeichen – großes Wunder

Eine Fahrt nach Wien und ihre kleinen Zeichen – die letztlich ein großes Wunder wurden.

Montag, 24. November – auf dem Weg nach Wien. Ich stehe dicht gedrängt mit vielen anderen Menschen in der Straßenbahn. Kurz vor dem Hauptbahnhof steigt eine Frau mit Kinderwagen ein. Weil ich in die andere Richtung schaue, sehe ich sie erst, als ich aussteigen will. Es dauert ein paar Augenblicke, bis wir uns erkennen – sie ist eine ehemalige Lehrerkollegin. Und ich freue mich über dieses zu-fällige Treffen.

Am Bahnhof angelangt, warte ich am Bahnsteig auf den Zug nach Wien. Es ist etwas kalt heute und ich checke die neuesten Mails auf meinem Smartphone. Als der Zug ankommt, steige ich ein und suche meinen reservierten Platz. Plötzlich sehe ich ein vertrautes Gesicht. Ein ehemaliger Schüler steht vor mir – ich durfte ihn vor einigen Jahren in Religion begleiten. Wir freuen uns – plaudern kurz, wünschen uns einen angenehme Fahrt. Dann sitzen wir beide nicht weit voneinander entfernt. Ich lese.

Ankunft Wien-Westbahnhof. Vor dem Aussteigen unterhalten wir beide uns wieder. Er erzählt von seinem Lehramtsstudium. Deutsch und Geschichte. Ich erzähle von meinen verschiedenen Berufsfeldern und von einem durchlebten Lehrer-Tief.

Da wird die Frau hellhörig, die neben uns steht – sie ist Mathematiklehrerin. Sie erzählt von ihren Schwierigkeiten im Lehrberuf, findet die Fächerkombination Deutsch und Geschichte gut – da „hat man mehr mit den Seelen der Kinder zu tun“, meint sie. Ich sage nicht, dass ich Religionslehrer bin und denke mir: Ich hoffe, dass wir als Lehrer immer mit den Seelen derer zu tun haben, die uns anvertraut sind. Ich denke daran, was ich bisher von meinen Schüler/innen lernen durfte. Zum Beispiel von jenem, der gerade neben mir steht. Er lehrte mich, wie unglaublich fruchtbar kritische Distanz und überlegte, von Interesse geprägte Diskussionen für einen guten Religionsunterricht sind.

Die Tür geht auf – und im gleichen Augenblick sehe ich eine meiner Maturantinnen aus dem Vorjahr vorbeihuschen. Will ihr schon nachrufen – und lasse es dann. Mein ehemaliger Schüler und ich reden weiter, bis ich zur U-Bahn abbiegen muss. Ich bedanke mich, wünsche ihm Alles Gute. Und ich freue mich über dieses zu-fällige Treffen.

Ich stehe am kleinen Adventmarkt vor dem Stephansdom. Bevor ich zur Privatschulreferent/innen-Tagung ins Schulamt hochgehe, checke ich noch kurz die neuesten Mails auf meinem Smartphone. Ich lese ein Mail dieses ehemaligen Schülers, das er mir im Zug geschrieben haben muss. Im Anhang eine Arbeit, die er im Rahmen seines Studiums verfasst hat. Fragen zu einem Schlüsselerlebnis mit einer Lehrperson. Der Inhalt: Ich. Und mein Religionsunterricht.

Ich bin unendlich dankbar. Lasse mir mit der Antwort Zeit. Eigentlich sprachlos, möchte ich meine Freude teilen. Deshalb dieser Blogeintrag. Schon unglaublich, wie wunderbar eine Fahrt nach Wien durch diese kleinen und großen Zeichen werden kann. Und wie positiv ich mein Lehrer-Sein wieder sehen kann, weil ich ein einzigartiges „DANKE“ erhalten habe. Einfach so. Zu-fällig.

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