Begeisterung und Innerlichkeit: Ein Widerspruch?

Neulich hörte ich in einer Pfingstpredigt – sinngemäß:

Die Begeisterung, die – vor allem im freikirchlichen Bereich – ihre Artikulation im Jubel, im Klatschen, in der Extase findet, das ist alles nicht echt. Das ist alles nicht wirklich pfingstlich. Englische, begeisterte Lobpreislieder sollten, so sie gebraucht werden, durch meditative Musik ersetzt werden.

Leider hörte ich genau zu – und die Botschaft zwischen den Zeilen, die sich wohl auf die musikalische Gestaltung einer Firmung bezog, an der ich mitwirken durfte, traf mich sehr.

Ich bin – wie der geneigte Leser schon herausgefunden haben wird – ein Katholik, der immer schon für Reformen in der Kirche stand. Trotzdem halte ich gute katholische Traditionen, wie die eucharistische Anbetung aufgrund meiner spirituellen Prägung für unverzichtbar. Durch meine Arbeit mit Jugendlichen in Glaubensseminaren habe ich einen großen Schatz an Liedern kennen gelernt, die die Begeisterung für den eigenen Glauben in den Vordergrund rücken, und die ich auch im Rahmen eucharistischer Anbetung schon gesungen habe. Leise, meditative Lieder. Laute, begeisterte, freundliche Lieder, die auch schon mal zum begeisterten Mitmachen animieren. Einfache Lieder, weder besonders meditativ, noch besonders laut, die durch ihren Text (ob englisch oder deutsch, war mir bisher eigentlich immer egal…) berührten.

Beim Singen all dieser Lieder machte ich mir bisher wenig Gedanken über deren Herkunft. Letztlich zählte das, was die Musik und der Text in mir bewegten.

Musik halte ich für eine der schönsten Formen des Gebetes. Dabei liebe ich klassische lateinische Messgesänge genauso, wie die vielfach aus dem freikirchlichen Bereich stammenden Lobpreislieder. Ich singe das „neue geistliche Liedgut“ aus den 70ern ebenso gerne, wie das „Großer Gott, wir loben dich“ oder „Kommt herbei, singt dem Herrn!“. Im Singen und Musizieren kann das zum Ausdruck kommen, was ich im Innersten fühle. „Ich kann nicht schweigen von dem, was du getan hast“.

Begeisterung wäre für mich ohne Innerlichkeit nicht möglich. Gerade zu Pfingsten spüre ich immer Beides. Wenn ich Gott finden will, wenn ich in Ruhe beten will, ziehe ich mich in die Stille zurück. Wenn ich meinen Glauben feiern will, und ich darf singen und musizieren, tue ich das mit ganzer Kraft und Begeisterung. Das kann dann auch mal etwas lauter sein.

Ohne Innerlichkeit keine Begeisterung – und umgekehrt wohl auch. Dort wo ich nie laut davon reden und singen darf, wie sehr ich von Gott berührt werde, kann mein Glaube auch keine Kreise ziehen, und damit verfehle ich einen wesentlichen Aspekt von der Botschaft Jesu: Diese, seine Botschaft hinaus in die Welt zu tragen. Mein Herz übergehen zu lassen  – und damit anderen das Befreiende der christlichen Botschaft ein Stück weit näher bringen zu können.

Die musikalische Gestaltung von Gottesdiensten halte ich für sehr wichtig. In der Tradition unserer und anderer christlichen Kirchen gibt es sehr viele Schätze, die auch immer wieder zu heben sind. Doch die Sprache der Menschen sollte nicht nur im „Sprechen“ und in liturgischen Texten getroffen werden, sondern auch in der musikalischen Ausdrucksform der jeweiligen Zeit. Liturgische Musik ist Glaubenskommunikation.

Zum Abschluss sollen an dieser Stelle zwei Musikstücke stehen, die mir persönlich sehr viel bedeuten. Das eine: Englisch, laut, rockig, begeisternd. Das andere: Deutsch, meditativ, berührend. Will ich meinen Glauben umfassend musikalisch kommunizieren, brauche ich beide.

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