Denn uns ist ein Kind geboren! Ein Sohn ist uns geschenkt!

Unsere Zeit macht es Optimisten nicht leicht, weiter positiv in die Zukunft zu blicken. Aber: Ein Kind ist uns geboren!

Die schrecklichen Bilder von Aleppo. Der Anschlag in Berlin. Die Gehässigkeit der Kommentare auf Facebook und anderswo. Egoismus. Ein Wirtschaftssystem, dass die falschen Ziele verfolgt. Eine Globalisierung der Waren – und gleichzeitig eine unerträgliche Renationalisierung,…

Die Liste, die mir in den vergangenen Tagen des Advents immer wieder vor Augen stand, war noch viel länger. Und auch, wenn ich überlicherweise einer bin, der zu jeder Zeit ein halbvolles Glas vor sich sieht, ist auch mir schon länger klar, dass diese Welt aus den Fugen gerät. Ganz gewaltig.

Aber: War sie das nicht schon immer? Und zwar fundamental? Wenn wir die Weltgeschichte in den Blick nehmen, gab es kaum Zeiten, in der Menschen sich nicht die schlimmsten Dinge angetan hätten. Und wenn irgendwo auf der Welt Friedenszeiten waren, hat es in der Regel anderswo gekracht. 

Trotzdem: Auch wenn darüber nicht so viel geschrieben wird – die Zeiten, in denen Menschen gut zueinander sind, in denen sie zusammenarbeiten, sich wertschätzen, an gemeinsamen Zielen arbeiten, sich in Liebe und Freundschaft begegnen,… – diese Zeiten überwiegen jene Zeiten, in denen sich das Schlechteste des Menschseins nach außen kehrt, bei weitem. Davon bin ich überzeugt – und dennoch lässt mich all das, was ich als Mensch dieser Zeit höre und sehe, manchmal verzweifeln.

Wie gut, dass heute Weihnachten ist. Denn dann kann ich die biblischen Texte, die auf die Geburt des Retters hinweisen, wieder hören und lesen:

Das Volk, das im Finstern lebt, sieht ein großes Licht; hell strahlt es auf über denen, die ohne Hoffnung sind. (Jes 9,1)

Denn uns ist ein Kind geboren! Ein Sohn ist uns geschenkt! (Jes 9,6)

und letzllich die Botschaft der Engel:

Fürchtet euch nicht! Ich verkünde euch eine Botschaft, die das ganze Volk mit großer Freude erfüllt: Heute ist für euch … der lang ersehnte Retter zur Welt gekommen. Es ist Christus, der Herr. (Lk 2,10f)

Hoffnungsbotschaft

Wie dringend bräuchte diese Welt die Hoffnung der Weihnachtsbotschaft. Und wie dringend brauche ich sie selbst immer wieder! Ein Kind ist uns geboren. Im Kleinen und Unscheinbaren liegen Erlösung und Hoffnung. Dieser Jesus aus Nazareth hat uns gezeigt, wozu wir Menschen fähig wären. Er hat uns gezeigt, dass am Ende die Liebe siegen wird, weil sie uns zutiefst entspricht.

Ernstfall Liebe

Und da geht’s nicht um die Träumerei oder Schwärmerei eines unverbesserlichen Zweckoptimisten. Da geht’s nicht um die rosarote Brille, sondern darum, dass Liebe der Ernstfall in unserem kurzen Menschenleben ist. Dass gelebte Liebe verändern kann, und zwar fundamental, das hat wahrscheinlich schon jeder einmal am eigenen Leib erfahren.

Was ist realistisch?

Ich denke nicht, dass es irgendwie logisch sein müsste, dass die „Welt im Großen“ anders funktioniert als die „Welt im Kleinen“. Immer sind es doch Menschen, die handeln. Erlösungsbedürftig, wie wir eben sind. Ambivalent, weder schwarz noch weiß, wie wir eben sind. Gerade weil wir die Menschen sind, die wir sind, ist die Liebe DER Ernstfall des Lebens schlechthin. Und gleichzeitig die realistischste Art und Weise, wie man dieser Welt begegnen kann. Realistischer jedenfalls, als dass es dieser Welt in irgendeiner Weise nutzt, wenn Menschen mit Worten, Händen, Gewehren oder Bomben aufeinander losgehen.

Wie gut, dass heute Weihnachten ist. Wie gut, dass uns dieses Kind geschenkt ist. Immer wieder haben wir die Chance, zu begreifen, was das für uns selber bedeuten kann.